Laterale Führung - Führung auf Aufgenhöhe | HR Universal Blog

Laterale Führung – Führung auf Augenhöhe

laterale Führung

Adaptation is key – so auch in der Führungsebene. Die meisten, insbesondere jungen, Talente wünschen sich Flexibilität, Mitbestimmung, Verantwortung und Kreativität in ihrem Beruf. Bietet ein Unternehmen dies nicht, so wird der Vertrag eben bei einer anderen Firma unterschrieben. Waren früher noch klar umrissene Aufgaben in Stellenanzeigen aufgeführt, geht es heute eher um netzwerkartige Strukturen in Unternehmen – eine klare Aufgabendefinition entfällt meist. So ist es also nicht verwunderlich, dass bei solch strukturellen Umstellungen auch die Führungspositionen angepasst werden müssen. Kooperieren statt anweisen; gemeinsam ans Ziel kommen. Führung strukturiert sich nicht mehr Top-Down sondern auf derselben Ebene – die laterale Führung ist in unserer Wirtschaft angekommen. Doch was bedeutet der neue Führungsstil für Unternehmen sowie Mitarbeitende und woher stammt der Begriff? Wie funktioniert der Stil und welche Vor- und Nachteile birgt er für alle Parteien?1

Laterale Führung Bedeutung2 3 4

Die laterale Führung beschreibt eine Führung ohne Weisungsbefugnis. Das bedeutet, „die Einflussnahme auf die Willensbildung und das Handeln innerhalb einer Organisation geschieht ohne direkte Hierarchiebeziehung“5. Anstatt genaue Anweisungen von Vorgesetzten zu erhalten, basiert dieser Führungsstil also auf Methoden und Instrumenten, die bestehende Strukturen durchbrechen und eine gewisse Augenhöhe zwischen Führungspersonal und Angestellten erschaffen – eine Gleichberechtigung beider Parteien.

Bei der klassisch hierarchischen Führung kann sich erfahrungsgemäß auf die disziplinarische Weisungspflicht berufen werden, welche hier als Machtquelle dient. Ein lateraler Führungsstil hingegen, basiert auf Vertrauen und Verständigung. Hierbei soll im Vorhinein ein sogenannter gemeinsamer Denkrahmen erschaffen werden, um die Interessen aller Mitarbeitenden zu vereinen. Als Machtquelle kristallisieren sich hierbei oft Expertise und Informationskontrolle heraus. Es kann also durchaus auf Mitarbeitende eingewirkt werden, nur eben auf Augenhöhe und nicht von oben herab durch Anweisungen.

Ein Beispiel, welches den lateralen Führungsstil schnell verdeutlicht, ist die Rolle eines Mannschaftskapitäns. Diese:r besitzt hierarchisch gesehen keine Sonderstellung in der Mannschaft, jedoch wurde die Person aufgrund verschiedener Merkmale dazu auserwählt, die Mannschaft zu motivieren, anzuleiten und gemeinsam zum Erfolg zu bringen. Diese Eigenschaften beruhen sich meist auf Charisma, Kommunikationsfähigkeit oder Expertise/ Talent.

Ursprung der lateralen Führung6

Der Begriff lateral kommt ursprünglich aus dem lateinischen und bedeutet so viel wie „Seite“ – im übertragenen Sinne heißt laterale Führung also Führung von der Seite/ von nebenan.

Der Begriff wurde erstmalig in den 60er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts benutzt, um Beziehungen jenseits von Hierarchien zu bezeichnen. Studien bewiesen damals, dass verschiedene Führungsstile unterschiedliche Teile einer Organisation beeinflussten. Damals war die theoretische Auseinandersetzung geprägt durch den dominierenden Kontingenzansatz der Organisationtheorie. Zentral ging es dabei um die Suche nach der Übereinstimmung von Umweltbedingungen und Organisationsstruktur. Je schneller sich Märkte also verändern, desto stärker würden sich Kooperationsbeziehungen ausbilden. Zu mehr als „je komplexer die Umwelt, desto mehr Lateralität in der Organisation“ kam der Ansatz zu der Zeit jedoch nicht, wodurch es ihm an Durchsetzungsvermögen mangelte – die Leute setzten auf Tradition und Hierarchie. Die Koordinationsmechanismen, die wir heute diesem Stil und den zugehörigen Führungspersonen zuordnen, wurden damals nicht als Persönlichkeitsmerkmale, sondern Teile der Organisationsstruktur angesehen. Somit scheiterte der Ansatz zu dieser Zeit.

Laterale Führung: Methoden zur Führung ohne Hierarchie7 8 9 10 11

Gemäß Stefan Kühl (einem deutschen Soziologen, Professor und Organisationsberater) geht es beim Führen ohne Macht um drei Säulen/ Mechanismen der Einflussnahme, welche die Basis bilden.

  • Verständigung/ laterale Kommunikation.
    Bei der lateralen Kommunikation wird erneut Wert auf die Augenhöhe gelegt. Die laterale Führungskraft hat hier die Aufgabe, die Interessen des Gegenübers zu erkennen und diese mit den eigenen abzugleichen, um so auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen und ein ganzheitliches Denkmuster zu entwerfen. Durch diese Art der kooperativen Kommunikation können alte Denkweisen aufgebrochen und zu einem Besseren verändert werden. Passiert dieser Prozess in verschiedenen Unternehmenseinheiten gleichzeitig, besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass gemeinsam neue Sichtweisen entwickelt werden. Außerdem sollte ein ständiger und reger Austausch zwischen Vorgesetzen und Angestellten herrschen, mit der Voraussetzung, des vollständigen Informationsaustauschs. Entstehen während dieses Prozesses Konflikte, so ist es die Aufgabe der lateralen Führungsposition eine Mediatorrolle einzunehmen – alles natürlich auf derselben Ebene.
  • Macht.
    Mithilfe der Durchbrechung klassischer Hierarchiestrukturen entwickelt sich ein neues Machtverhältnis, welches auf Expertise und gemeinsamen Zielen beruht. Wenn alte Denkmuster verändert werden, so eröffnen sich neue Möglichkeiten für alle Parteien.
  • Vertrauen.
    Besteht kein gegenseitiges Vertrauen, so ist der laterale Führungsstil zum Scheitern verurteilt. Jede Person muss einen Teil zum Ziel beitragen und darf nicht ausschließlich an sich denken. Vertrauensvorschüsse und das gegenseitige Erwidern dieser, führen zu einem langfristigen Vertrauensverhältnis und Erfolg – Aufgabe der Führungsposition ist es sicherzustellen, dass dieses Vertrauen nicht missbraucht wird.

Weiterhin kommt es auf die jeweilige Qualifizierung der lateralen Führungskraft an. Hierbei ist die Frage, ob aufkommendes Konfliktpotenzial erkannt wird und wie sich der Umgang damit gestaltet. Die drei Säulen sind hier die zentralen Mechanismen, um den Schaden so gering wie möglich zu halten. Die Planung aller Gegenmaßnahmen fällt somit ebenfalls in den Zuständigkeitsbereich der Führungsperson. Außerdem bedeutet erfolgreiche Führung, genau die Aufgaben zur Konfliktlösung zu erkennen und auszuwählen, welche für das entsprechende Team das größte Potenzial zur Verbesserung bedeuten.

Bei dieser Art der Führung kommt es darauf an, ob eine Person auch ohne Weisungsbefugnis dazu bereit ist, Verantwortung eigenständig zu übernehmen. Hierbei sind Eigenschaften wie Empathie, Autorität und Souveränität ausschlaggebend. Führung soll hier als richtgebende Funktion angesehen werden. Es geht darum, die Lenkung sowie die dazugehörige Verantwortung über Konsequenzen zu übernehmen. Ist dies alles gegeben, so entwickelt sich eine dynamische Teamarbeit, bei welcher Kompromisse gemeinsam ausgehandelt werden und somit zusammen die auserwählten Ziele erreicht werden können.

Lateral führen: Vorteile für Unternehmen 12 13 14

Für Mitarbeitende, deren Abteilung von einer lateralen Führungskraft geleitet werden, wird schnell deutlich, dass sie von mehr Verantwortung und weniger Druck profitieren. Da sie keine direkten Anweisungen mehr von oben erhalten, können sie ihre eigene Kreativität einbringen und gemeinsam über die bestmögliche Lösung diskutieren. Hier erhalten sie nicht nur einen größeren Entscheidungsfreiraum, sondern auch die Verteilung der Entscheidungsverantwortung über das gesamte Team. Die laterale Kommunikation auf Augenhöhe sorgt ebenfalls für mehr Zufriedenheit und für ein Gefühl der Wertschätzung innovativer, vielleicht auch unkonventioneller, Ideen.

Und zufriedene, engagierte Mitarbeitende sind bekanntlich von Vorteil für Unternehmen. Herrscht eine generell positive Stimmung unter den Angestellten, so steigt nicht nur deren Produktivität an, sondern die Fluktuation nimmt ebenso ab. Damit sparen Unternehmen erhebliche Personalkosten ein und profitieren gleichzeitig von einem besseren Employer Branding. Außerdem können sich durch den netzwerkartigen Zusammenschluss verschiedenster Abteilungen neue Sichtweisen ergeben, welche das Unternehmen auf bisher undenkbare Wege schicken könnte.

Von einer direkten Zusammenarbeit, ohne formale und hierarchische Wege, profitieren also beide Parteien. Projekte können schneller realisiert werden, es entstehen ganzheitliche Sichtweisen auf Lösungsstrategien und es entstehen neue und innovative Vorschläge zur Umsetzung verschiedener Aufgaben.

Weiterhin entfällt eine Kommunikation, die über Ecken weitergetragen wird. Durch eine direkte Kommunikation mit allen können somit Fehlinformationen minimiert werden, wodurch sich langfristig mehr Flexibilität und Dynamik im Team entwickeln können. Sind all diese Punkt gegeben, entwickeln sich Akzeptanz und Vertrauen, wovon nicht nur Mitarbeitende, sondern ebenso die Unternehmen profitieren.

Lateral führen: Herausforderungen für Unternehmen 15 16 17

Wie jedoch die meisten Themen, hat auch die laterale Führung nicht ausschließlich Vorteile, sondern birgt ebenso ein hohes Konfliktpotential.

Ist keine Hierarchie vorhanden, so entfällt unter Umständen auch die klar geregelte Zuständigkeit bestimmter Aufgabenbereiche, wie beispielsweise die Aufteilung der Ressourcen („Du darfst meine Ressourcen für diese Aufgabe nicht haben!“) oder die generelle Aufgabendelegation („Du bist nicht befugt, mir Anweisungen zu erteilen!“). Bei verschiedenen Denk- und Verhaltensweisen, welche vollkommen natürlich unter unterschiedlichen Personen sind, kann es also schnell zu Ziel- und Interessenskonflikten kommen.

Außerdem werden bei einer lateralen Führung hohe Erwartungen an die Mitarbeitenden gestellt. Es bedarf ein hohes Maß an Fachwissen und Qualifikation sowie Eigeninitiative und Motivation, um sich lateral führen zu lassen. Ist diese intrinsische Motivation nicht vorhanden, so leidet die generelle Arbeitsmoral sowie die Leistung.

Weiterhin sind die meisten es von früheren, traditionell geführten Jobs, gewohnt, dass kleine Aufgaben an andere Abteilungen leicht zu delegieren sind, was hier gegebenenfalls nicht möglich ist.

Auch an die jeweilige Führungskraft werden höhere Ansprüche gestellt. Zwar hat die Person eine Führungsposition inne, jedoch eine ungewohnte und muss das Team ohne jegliche Weisungsbefugnis leiten und motivieren. Dabei wird ein hohes Maß an Empathie, Verhandlungsgeschick und Kommunikation vorausgesetzt.

Im Großen und Ganzen herrschen weniger Routine und Standardisierung, woraufhin ein hoher Koordinationsaufwand entsteht. Denkt hier jede:r nur an sich und die eigenen Ziele, so scheitert das Prinzip der lateralen Führung. Außerdem ist zu bedenken, dass wenn Konfliktbewältigung der Hauptteil einer vorgesetzten Person ist, es gut sein könnte, dass wichtige andere Aufgaben auf der Strecke bleiben.

Es lässt sich also festhalten, dass der laterale Führungsstil zwar innovativ und für die Zukunft wahrscheinlich unheimlich hilfreich sein wird, er jedoch nicht frei von Fehlern beziehungsweise Konflikten ist. Drei Kriterien für den Erfolg sind hierbei: 18

  1. Die genaue Abstimmung im Team, mithilfe der drei Mechanismen Kommunikation/ Verständigung, Vertrauen und Macht
  2. Kooperation
  3. Die generelle Annahme des neuen Führungsstils

Sind diese Punkte gegeben, kann die laterale Führung neue Türen öffnen und eine neue Arbeitsweise in Unternehmen bringen.

Quellen

[1][2][9][12][17][18] https://karrierebibel.de/laterale-fuehrung/

[3][5][6][7][16] https://de.wikipedia.org/wiki/Laterale_F%C3%BChrung

[4][8][14][15] https://persomatch.de/hr-lexikon/laterale-fuehrung/

[10][13] https://laterale-führung.de/

[11] https://www.dwds.de/wb/F%C3%BChrung