Diversity Management in Unternehmen – be divers!

Diversity Management

Diversity ist in aller Munde. Ob thematisch gesehen im Bereich der Sprachanpassung, einer Frauen-Quote oder dem Durchbrechen von tief verankerten Geschlechterklischees in den Köpfen der Menschen: Wir befinden uns in einem gesellschaftlichen Wandel, welcher nicht nur Stereotype und das generelle Rollenverständnis (Gender Shift) betrifft, sondern ebenfalls Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt mit sich bringt. Allerdings bleibt es verwunderlich, warum trotz permanenter Diskussion über das Thema und die negativen Folgen für Betroffene, noch immer grundlegende Überzeugungsarbeit geleistet werden muss, um Diversity in Unternehmen zu etablieren. Denn um Recruiting-Potenziale auszuweiten oder die Internationalisierung des Unternehmens zu fördern, reicht es nicht aus, hier und da ein bisschen auf Gender Diversity Management Acht zu geben1, denn Diversity ist weitaus mehr als das. Doch was ist Diversity genau? Was beinhalten Diversity Management Maßnahmen und welche Vorteile bringen sie mit sich?

Die Anerkennung von Diversity in der Gesellschaft begann ursprünglich in den Vereinigten Staaten in den 1960er Jahren und hat sich hauptsächlich aus den Bürgerrechts-, Homosexuellen- und Frauenbewegungen entwickelt. Diese forderten Chancengleichheit und protestierten gegen die Diskriminierung, welche ihnen zu dieser Zeit widerfuhr. Ab Mitte der 80er Jahre bekam der Vielfaltsgedanke ebenfalls eine politische sowie ökonomische Funktion. Erst zehn Jahre später kamen Gedanken und Anstöße zu Diversitäten innerhalb der Bevölkerung auch in Deutschland an.2

Gemäß dem deutschen Grundgesetz (Artikel 3, Absatz 3), darf niemand „wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“3.

Was bedeutet Diversity Management?4

Diversity Management (auch DiM abgekürzt5) bedeutet in seiner Definition vorranging das Managen von Vielfalt. Laut des Gabler Wirtschaftslexikons wird die Definition in vier Aspekte unterteilt:

  1. Begriff:
    • Bezeichnet das Anerkennen und das sich zu Nutzen machen von Vielfalt im Unternehmen
  2. Ziel
    • Erfolgsrelevante Aspekte erkennen und daraus individuelle Kompetenzen, Eigenschaften, Haltungen und Hintergründe zu erschließen
  3. Aspekte
    • Wertschätzung von Alter, Geschlecht, Herkunft, Bildung, Religion etc.
    • Unternehmenskultur entwickeln
    • Sicherung der Chancengleichheit
    • Vermeidung von Konflikten durch frühe Einbeziehung von Vielfalt in Managemententscheidungen
  4. Instrumente
    • Gender Management
    • Alters Diversität [Age Diversity Management]
    • Work-Life-Balance
    • Kulturmanagement (interkulturelle Verhandlungskompetenzen)

Diversity bedeutet also, Vielfalt zu erkennen, diese anzunehmen und aus den verschiedenen Gesichtspunkten, die sich ergeben, Vorteile zu ziehen – persönlich sowie ökonomisch. Denn „we are all in the same team, with our differences – not despite them”6.

Wozu dient Diversity in Unternehmen?

Viele fragen sich, warum sie Diversity im Unternehmen etablieren sollten – hat doch bisher auch gut ohne funktioniert. Wieso verdient dieses Thema also mehr als nur unsere geteilte Aufmerksamkeit?7Diversity isn’t just fair; it makes business sense“8. Diversity geht nämlich einher mit der Heterogenität von Menschen. Und Diversity finden wir auch in der Wirtschaft und den Märkten wieder! Verschiedene Menschen werden von unterschiedlichen Produkttypen angesprochen und haben ein gänzlich anderes Konsumverhalten9 – wieso also Kund:innen verlieren, indem man auf eine homogene Belegschaft zählt, die in keiner Weise den tatsächlichen Markt widerspiegelt? Wenn man diverse Potenziale gezielt nutzt und auf heterogene Teams setzt, fördert man nicht nur die soziale, kulturelle und ethnische Vielfalt der Mitarbeiter:innen und steigert das potenzielle Wachstum des Unternehmens10, sondern schützt sich zugleich vor Klagen gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz11.

Doch warum sind heterogene Teams effizienter für Unternehmen? Ganz einfach: Beispielsweise unterschiedliche Hintergründe von Menschen, fördern verschiedene Eigenschaften. Manche mögen zum Beispiel kreativer an Problemlösungen herangehen, andere erkennen vielleicht schneller Konfliktpotenziale in Werbeanzeigen und können somit vorbeugen, dass sich Nutzer:innen von der Marke, dem Unternehmen oder der Werbung persönlich angegriffen fühlen12. Außerdem findet man in heterogenen Arbeitsgruppen verschiedene Arten von Problemlösestrategien vor, welche meist zeitsparend und deutlich effizienter sind als bei Teams, in denen alle Mitglieder auf die gleiche Art und Weise denken13. Man könnte also sagen, dass Vielfalt und Gleichberechtigung heutzutage als Spielentscheider auf dem Arbeitsmarkt agieren14. Schwierig wird es jedoch, wenn die herrschenden Differenzen und die Andersartigkeit überbetont werden15 – doch auch das ist oft mithilfe von einer offenen und diversen Kommunikation händelbar.  

Eine Befragung im Jahr 2020 mit ca. 11.000 Fach- und Führungskräften hat ergeben, dass ca. 77% der Befragten sich eher bei einem toleranten, vielfältigen und offen präsentierten Unternehmen bewerben würden als bei Unternehmen, welche auf Diversität kein Augenmerk legen16. Ebenso sind ¾ aller Teilnehmenden davon überzeugt, dass sich Krisen besser mit heterogenen Teams bewältigen lassen17.

Was beinhaltet Diversity Management?

Das DiM beinhaltet unterschiedliche Faktoren, welche über Alter, Geschlecht, Bildung, ethnische Herkunft, Religion/ Weltanschauung, sexuelle Orientierung und Bildung hinaus gehen. Die genannten Aspekte bezeichnet man als innere Faktoren – die Kern Dimension von Diversity; die Persönlichkeit. Jedoch haben auch äußere Faktoren Einfluss darauf, wie wir Menschen wahrnehmen und bilden somit Aspekte, aufgrund derer andere benachteiligt werden können. Diese Aspekte bestehen aus Einkommen, Ausbildung, Berufserfahrung, Familienstand, Elternschaft, Gewohnheiten, Freizeitverhalten und geografischer Lage.18  

Die Charta der Vielfalt hat hierzu eine sehr veranschaulichende Grafik herausgebracht.

Was beeinflusst Diversity Maßnahmen?

Doch der Grund, dass Diversity an Gehör gewinnt, liegt nicht nur an einzelnen, sondern an mehrfachen externen Faktoren. Zuallererst muss gesagt werden, dass Menschen, die bereits Erfahrungen mit ungleicher Behandlung gemacht haben, deutlich aufmerksamer und kritischer dem Thema Diversity Management gegenüberstehen. Beispielsweise machen Frauen (80%) deutlich mehr Erfahrungen mit Ungleichbehandlung als Männer (66%)20

Weiterhin ist der demografische Wandel ein großer Einflussfaktor. Die Bevölkerungszahl sinkt, die Lebenserwartung steigt, die Belegschaft wird älter – der Arbeitsmarkt schrumpft dementsprechend ohne Zuwanderung. Engpässe beziehungsweise Sektoren, die besonders unter diesen Problemen leiden sind beispielsweise der Pflegebereich und die MINT-Berufe. Ein weiterer Punkt ist die Digitalisierung. Unterschiedliche Generationen besitzen verschiedene Werte und Erwartungen an ihren Beruf und die Zukunft.21 Beide Faktoren haben also zur Folge, dass nicht nur die interne Belegschaft sondern ebenso die Kund:innen facettenreicher werden und sich Unternehmen besser anpassen sollten, um nicht Teile beider Parteien zu verlieren22.

Welche Vorteile hat Diversity im Unternehmen?

Es wurden bereits einige grundlegende Vorteile von Diversity dargelegt. Doch dabei hört es natürlich noch nicht auf. Denn so facettenreich wie Diversity an sich ist, desto umfangreicher sind die daraus entnehmbaren Vorteile.

Die Charta Studie hat zudem ergeben, dass 97% der Unterzeichner-Unternehmen konkrete Vorteile für das Unternehmen in ausgearbeiteten Diversity Methoden sehen. Darunter fallen zum Beispiel eine steigende Arbeitgeberattraktivität sowie zunehmendes Kreativitäts- und Innovationspotenzial. Von besagten Unternehmen geben weiterhin 33% an, dass sie aufgrund von ethnisch diversen und inklusiven Arbeitsmethoden bereits erfolgreicher sind.23

Eine weitere Studie – von Glassdoor – veranschaulichte, dass 67% aller Arbeitssuchenden Wert darauf legen, dass ihr zukünftiges Unternehmen Diversity vorweisen kann24.

Weitere Vorteile von Diversity Management in Unternehmen25:

  • das Verständnis für Zielgruppen aus anderen Kulturkreisen fördern
  • die Verbesserung des Services für Kund:innen gewährleisten
  • innovatives Denken im Unternehmen vorantreiben
  • Bereiche von Forschung und Entwicklung beflügeln (Innovation)
  • Entscheidungsprozesse dank unterschiedlicher Perspektiven optimieren
  • neue Geschäftsbeziehungen und Kooperationen aufbauen
  • neue Märkte erschließen und somit die Internationalisierung sowie den Unternehmenserfolg vorantreiben
  • eine höhere Zufriedenheit aufbauen, denn das Team fühlt sich verstanden und wertgeschätzt
  • ein interessantes und inspirierendes Arbeitsumfeld für Mitarbeitende
  • ein positives Unternehmensimage, das Top-Talente und High Potentials anzieht
  • die kulturelle Bereicherung der Unternehmenskultur
  • eine stärkere Bindung von Mitarbeitenden an das Unternehmen

Risiken: Diversity Management (Herausforderungen)26

Doch sowie in allen Bereichen des Lebens, birgt Heterogenität Konfliktpotenzial. Um mit unterschiedlichen Perspektiven und Lebenserfahrungen umzugehen, bedarf es ein hohes Maß an Toleranz, Akzeptanz und Einfühlungsvermögen. Auch Kommunikationsprobleme können schnell auftreten (beispielsweise aufgrund von Altersunterschieden), welche oft schwer zu überwinden sind.

Weiterhin wird Kandidat:innen, die im Rahmen von Diversity Maßnahmen eingestellt wurden, mitunter vorgeworfen, sie seien leistungsschwächer oder sie werden als übervorteilte „Quoten-Mitarbeiter:innen“ wahrgenommen beziehungsweise bezeichnet.

All diese Konflikte sind jedoch kein Grund, Diversitäten zu meiden. Zu den oben genannten persönlichen Eigenschaften wie Toleranz, muss auch eine generelle Transparenz und Offenheit im Unternehmen sowie individuell bei den Mitarbeitenden vorhanden sein. Außerdem muss die Belegschaft dahingehend geschult sowie eine funktionierende und konstruktive Feedbackkultur etabliert werden. Dies sind jedoch Kriterien, welche sich jedes Unternehmen zu Herzen nehmen sollte.

Wie setzt man Diversity im Unternehmen um?

Zu Beginn sollte man den eigenen Status Quo überprüfen und gemeinsam mit den Mitarbeitenden herausarbeiten, wo Handlungsbedarf zum Thema Diversität besteht.27 Do your Diversity Check!

Von da an geht nichts über Integration und Teamgeist. Bei allen Teilnehmenden sollte eine hohe Einsatzbereitschaft sichergestellt werden, mithilfe derer Prioritäten, Ziele und Maßnahmen festgelegt, Rollen verteilt und Erfolgsmessungen durchgeführt werden.28

Ist beispielsweise eine hohe Fluktuationsrate im Unternehmen vorhanden, so sollte überlegt werden, wie das Arbeitsklima gemeinsam verbessert werden kann, um so zukünftig die richtigen Talente einzustellen und diese langfristig an das Unternehmen zu binden29.

Weiterhin sollten sich Führungskräfte ein Meinungsbild über das Wohlbefinden im Unternehmen einholen und gleichzeitig erfragen, wie bereits vorhandene Diversity Konzepte angenommen wurden.

Bei diesen Maßnahmen könnte es sich beispielsweise um Folgendes handeln:30

  • Abteilungsübergreifende Projekte
  • Führungskräfte-Coachings zu kulturspezifischen Themen
  • Speisenangebote in der Kantine (Vegan, koscher etc.)
  • Internationale Kochabende
  • Alters- und behindertengerechte Arbeitsplätze

Jedoch kann nicht jedes Unternehmen die gleichen Strategien anwenden, denn diese sind von der Unternehmensgröße abhängig und sollten dahingehend angepasst werden31. Auch hier gewährt die Charta der Vielfalt einen detaillierten Einblick in mögliche Abläufe der konkreten Umsetzung. Dieser Charta haben sich beispielsweise Unternehmen und Konzerne wie Bayer, Adidas, Mercedes, Siemens und VW verschrieben.

Um sich für das eigene Unternehmen über Diversity schlau zu machen, ist es ebenfalls eine Möglichkeit, an Diversity Tagen und Schulungen teilzunehmen. Der Nächste Deutsche Diversity Tag findet am 31. Mai 2022 statt32.

Und nun zum Schlusswort. Zwar unterscheiden wir uns in einer Vielzahl von Eigenschaften: Herkunft, Kultur, Alter, Geschlecht, Identität, Glauben, Weltanschauung sowie in psychischen und physischen Fähigkeiten, jedoch sollte man sich vielleicht nicht immer ausschließlich auf die Unterschiede fokussieren. Denn so unterschiedlich wir auch sein mögen, so groß sind auch unsere Gemeinsamkeiten33. Und diese Unterschiede bieten persönliche sowie wirtschaftliche Chancen – wenn man sich denn dazu entscheidet, sie zu nutzen34. Wichtig zu verstehen ist: DiM ist kein Selbstläufer! Die entsprechenden Maßnahmen müssen aktiv geplant werden (finanziell sowie personell)35, denn Diversity muss erst oben verstanden werden, um zielführend unten anzukommen36. Also warum nicht lieber heute als morgen handeln und sich Talente sowie wirtschaftliche Vorteile sichern, anstatt weiterzumachen wie zuvor und im Wettbewerb nach hinten zu fallen?

Quellen

[1][18][22][24][25][26][28][29][30] https://www.personio.de/hr-lexikon/diversity-management/

[2][5][21][32][35][36] https://www.charta-der-vielfalt.de/fileadmin/user_upload/Diversity-Tag/2021/Factbook_2021.pdf

[3] https://www.bpb.de/izpb/254385/gleichheit-vor-dem-gesetz

[4] https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/diversity-management-53993

[13][14][16][17][29][27] Webinar zum Thema Diversity Management von StepStone

[15] https://www.humanresourcesmanager.de/news/diversity-check-kolumne-eva-voss-mehr-als-fair-der-purpose-von-diversity-management.html

[19] https://www.charta-der-vielfalt.de/fuer-arbeitgebende/vielfaltsdimensionen/

[23] https://www.humanresourcesmanager.de/news/diversity-check-kolumne-eva-voss-diversity-management-ist-ein-luxusproblem.html

[31][33][34] https://www.charta-der-vielfalt.de/diversity-verstehen-leben/diversity-management/

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