Die Geschichte der Menschheit zeigt: Große Leistungen konnten immer nur dann erbracht werden, wenn Menschen sich ineinander hereinversetzten1. Ein Problem? Eine Lösung! Empathie und Zwischenmenschlichkeit bestimmen also nicht nur unsere Zufriedenheit mit individuellen Situationen, sondern auch im geschäftlichen oder wirtschaftlichen Kontext. Insbesondere die COVID-19 Pandemie hat uns gezeigt, dass wir bei weitem noch nicht so digitalisiert sind, wie wir es gerne wären. Mitunter durch die Pandemie wurde ein Zuwachs an Telearbeit von über 91% nachgewiesen2– wir verbringen unseren Tag also immer mehr online als offline3. Der Unterschied zwischen analoger und virtueller Kommunikation schwindet also täglich4; Empathie muss virtuell werden. Doch wie antizipiert man die Gemütslage seines Gegenübers, wenn man ausschließlich telefoniert oder man sich nur durch einen Bildschirm gegenübersitzt5? Virtuelle Empathie wird zur Schlüsselkompetenz für digitale Führungskräfte6. Doch was ist virtuelle Empathie? Wie funktioniert empathische digitale Zusammenarbeit? Und welche Voraussetzungen müssen gegeben sein?
Was ist Empathie?
Empathie ist eine Fähigkeit, die alle Menschen besitzen. Worin sie sich unterscheiden, ist die jeweilige Ausprägung7. Bereits ab dem zweiten Lebensjahr ist es uns möglich, Gefühle anderer nachzuempfinden8. Im späteren Verlauf der Kindheit lernen wir, dass unterschiedliche Menschen, verschiedene Wissensstände haben – ebenso auf die empathischen Fähigkeiten bezogen9.
Empathie könnte man als unsichtbares Bindeglied zwischen Personen beschreiben – im Unternehmenskontext: zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden10. Man definiert Empathie als „die Fähigkeit und Bereitschaft, Empfindungen, Emotionen, Gedanken, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu erkennen, zu verstehen und nachzuempfinden“11. Dazu gehört also auch die Fähigkeit, sich regelmäßig nach der Gefühlslage des Gegenübers zu erkundigen und gegebenenfalls Hilfe anzubieten12.
In Unternehmen sollte selbstverständlich ein gewisses Level an Professionalität gewahrt werden, wenn es um interhierarchische Beziehungen geht. Wichtig ist hier die Differenzierung von Verstehen und Verständnis13. Beim Verstehen kann nachvollzogen werden, wieso auf die eine Art und Weise gedacht und gehandelt wird oder wurde – man nennt es das individuell-psychologische Einfühlen14. Das Verständnis wiederum beschreibt eine persönliche Bewertung des jeweiligen Verhaltens15– Akzeptanz oder Ablehnung. Führungskräfte müssen auf empathischer Ebene das Handeln ihrer Mitarbeitenden verstehen können, um einen Perspektivwechsel anstreben zu können, sie müssen jedoch kein Verständnis dafür aufbringen, da ihnen eine persönliche Bewertung unter Umständen nicht zusteht.
Es lässt sich jedoch sagen, dass wir unser empathisches Potenzial meist nicht gänzlich ausschöpfen16. Wir unterstellen anderen die eigene Meinung; wir schreiben ihnen Absichten zu, für die es kaum bis keine Anhaltspunkte gibt. Insbesondere bei virtueller Kommunikation kann es hier schnell kritisch werden, denn die Einschätzung anderer erschwert sich mit der Distanz. Die unmittelbare und ungefilterte Mimik und Gestiken fehlen (aufgrund von bspw. technischen Verzögerungen); die Bildschirmauflösung schluckt Teile der Mikroreaktionen; die Stimme ist leicht verzerrt. Insbesondere letzteres erschwert ein Einschätzen der anderen. Unsere Stimme trägt einen immensen emotionalen Anteil und bereits kleinste Veränderungen der Betonung können einiges über die Gefühlslage unseres Gegenübers verraten. Durch virtuelle Kommunikation kann die Reaktion anderer also schlechter abgelesen und interpretiert werden – Führungskräfte müssen sich dessen bewusst sein.
Was ist virtuelle Empathie?
Insbesondere der Sozialpsychologe Hans-Peter Erb hat sich zum Thema virtuelle Empathie geäußert17. Er sagt, virtuelle Empathie gelingt am besten, wenn man schon eine Basis in Persona zueinander aufbauen konnte18. War man bereits vor der Telearbeit ein homogenes Team, so gelingt die Umstellung auf virtuelle Zusammenarbeit und Kommunikation um einiges besser.
Schwierig wird es für Neueinsteiger, die keinerlei persönliche Relation zu den Mitarbeitenden haben und alle ausschließlich digital kennenlernen. Um virtuelle Empathie aufbauen zu können, sollte man sich also bewusst werden, dass die eigene Realität und das eigene Empfinden subjektiv und nicht objektiv auf alle anderen übertragbar sind19. Man sollte anderen Verständnis entgegen bringen, denn klar ist, empathische Menschen sind sympathischer20.
Was braucht man für virtuelle Empathie? 21
Die klassischen Voraussetzungen für virtuelle Empathie sind natürlich vorerst die richtigen technischen Hilfsmittel zur digitalen Kommunikation (angemessene Homeoffice Ausstattung, professioneller Kommunikationskanal, stabile Internetverbindung etc.). Außerdem muss man sich bewusst sein, dass der einzige Träger der Botschaft bei digitaler Kommunikation die Stimme ist. Denn Körpersprache ist nicht als äquivalent zur analogen Version anzusehen – obwohl sie auch virtuell von Bedeutung ist. Weiterhin ist eine positive Fehler- und Feedbackkultur hilfreich, da sie den Mitarbeitenden die Angst vor Meinungsäußerung nimmt22 – welche eindeutig größer ist, wenn man sich nicht persönlich gegenübersteht.
Klar ist auf jeden Fall: Je mehr positive Erfahrungen mit virtueller Empathie und digitaler Kommunikation gemacht werden, desto vermehrt werden diese Praktiken zukünftig eingesetzt und desto höher ist die Möglichkeit der nachhaltigen Nutzung digitaler Technologien im wirtschaftlichen Kontext23.
Wie funktioniert virtuelle Empathie im Unternehmen?
Für Führungskräfte ist es wichtig, sich Zeit für ihre Mitarbeitenden zu nehmen. Denn, wer kennt es nicht? Je mehr Trubel im Unternehmen herrscht, desto weniger bekommt man die Vorgesetzten zu Gesicht24. Analog kann dies meist ziemlich nervig sein; digital kann es sogar problematisch werden25. Wenn Mitarbeitende sich während der Telearbeit allein gelassen fühlen, kommt das Gefühl des Abgeschnittenseins meist einher – die Einsamkeit. Und diese ist bekanntlich privat sowie beruflich unser größter Feind, denn sie raubt uns jegliche Motivation.
Führungskräfte sollten sich also insbesondere bei der Telearbeit regelmäßig nach der Gefühlslage ihrer Mitarbeitenden erkundigen und dabei verstärkt auf Gestik und Mimik achten, denn diese sind das ehrlichste Feedback26. Insbesondere Mikroreaktionen der Mimik kommen meist unkontrolliert und unmittelbar als Rückmeldung auf Gesagtes. Solche Reaktionen sind aussagekräftiger als mündliche Rückmeldungen, da speziell bei hierarchischen Unterschieden, oft auf direktes und gesprochenes negativ-Feedback verzichtet wird. Jedoch muss man sich auch bewusst werden, dass keine Rückmeldung nicht unbedingt automatisch etwas Schlechtes zu bedeuten hat, sondern auch an der Nachdenklichkeit des Gegenübers liegen kann27.
Tipps und Tricks für die Zusammenarbeit aus dem Homeoffice:
Um sich während der Telearbeit angemessen mit virtueller Empathie auseinander zu setzen und diese im beruflichen Kontext richtig einzusetzen, haben wir einige Tipps zusammengestellt, die es Führungskräften erleichtern können, ideal digital mit ihren Mitarbeitenden zu kommunizieren:
- Fingerspitzengefühl.
Wie geht es dem Team? Was brauchen einzelne Mitarbeitende? Fühlen sich alle wahrgenommen? Wer ist gerade dabei, die Motivation zu verlieren?
Tipp: Regelmäßige Konferenzen mit Blickkontakt; Zweiergespräche mit Erkundigungen über den Gemütszustand.
- Transparenz.
Erwartungen der Vorgesetzten sowie Abläufe im Unternehmen sind undurchschaubarer, wenn man nicht vor Ort ist.
Tipp: Klare Ansagen und Anweisungen! Meetings zur Aufklärung über aktuelle Vorgänge im Unternehmen können ebenfalls hilfreich sein.
- Motivation.
Zuhause verliert man schnell die Motivation; die Produktivität kann sinken.
Tipp: Kleine, klare und übersichtliche Aufgaben verteilen! Erfolgserlebnisse sind wichtiger denn je.
- Bedürfnisse.
Tipp: Führen Sie Ihre Mitarbeitenden nicht so, wie Sie gerne geführt werden würden. Leiten Sie sie so an, wie es für alle am besten ist und gehen Sie dabei auf die individuellen Bedürfnisse ein.
- Nähe und Distanz.
Die Unterscheidung von zu persönlich und zu distanziert kann im beruflichen Kontext eine Gradwanderung sein. Empathie ist notwendig; eine professionelle Distanz jedoch auch.
Tipp: Finden Sie Ihren Mix aus Professionalität und Empathie.
- Feedback.
Wie wirken meine Worte auf andere? Wie kommt meine Botschaft an? Höre ich angemessen zu?
Tipp: Empathie lässt sich lernen. Kommunizieren Sie mit Ihren Mitarbeitenden und fragen Sie sie, was Sie besser machen könnten.
- Technische Ausstattung und Ausrichtung bei virtuellen Meetings28.
Tipps: Kamera auf Augenhöhe? Licht von vorne, sodass Ihr Gesicht gut ausgeleuchtet ist? Im Bild sieht man Ihren Kopf und den halben Oberkörper? Haben Sie einen professionellen Hintergrund? Sind Sie entsprechend gekleidet?
Virtuelle Empathie hängt stark mit der voranschreitenden Digitalisierung zusammen, denn diese beschleunigt nicht nur unsere Wahrnehmung, sondern steigert ebenso unsere Effizienz29. Nur noch kurz vorm Schlafengehen die E-Mails checken, damit morgen früh nicht zu viel auf dem Schreibtisch liegt – wer kennt es nicht? Die Digitalisierung bewirkt ein stetiges Verschwimmen von analogen und digitalen Grenzen. Was Sie dabei im Kopf behalten sollten ist: Empathie funktioniert nur, wenn man sich mit Akzeptanz entgegentritt. Menschen beurteilen Situationen und Handlungen unterschiedlich; verschiedene Parteien, haben verschiedene Blickwinkel30. Können Akzeptanz und Verstehen also die Schlüssel zu virtueller Empathie sein?
Quellen
[1][7][8][9][16][17][18][19][20][21][22] https://empiricus.eu/index.php/en/zoo-zoo/blog-zoo/item/7-gedanken-zu-virtueller-empathie.html und https://www.humanresourcesmanager.de/news/7-gedanken-zu-virtueller-empathie.html
[3][6][10][12][13][14][15][24][25][26][27][29][30] https://www.metropolitan.de/virtuelle-empathie-i-ich-und-mein-gegenueber/
[2][4][5] https://www.folienwerke.ch/blog/virtuelle-kommunikation-teil-1-virtuelle-empathie
[11] https://de.wikipedia.org/wiki/Empathie
[23][28] https://www.hollstein-hammerstein.de/virtuelle-empathie/